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Eingelagerte Welten

Candida Höfer in ethnographischen Sammlungen

29. Mai bis 15. August 2004

Candida Höfers Photographien von öffentlichen und halböffentlichen Innenräumen erfreuen sich heute weltweit einer ständig wachsenden Aufmerksamkeit. Seit einiger Zeit hat die international renommierte Künstlerin ihren Blick auch auf das Innere von Völkerkundemuseen gerichtet. Die Ausstellung bietet eine Auswahl dieser in ihrer Mehrzahl bisher unveröffentlichten Bilder aus ethnographischen Sammlungen.

Seit über zwanzig Jahren photographiert Candida Höfer mit aussergewöhnlicher Kontinuität Räume in öffentlichen Gebäuden wie Museen, Bibliotheken, Botschaften, Universitäten, Archive, Wartesäle oder Zoologische Gärten. In den letzten Jahren hat sie diese Bestandesaufnahme mit Bildern aus völkerkundlichen Museen um eine Facette erweitert. Ihre weltweiten Streifzüge durch die Innenräume dieser Institutionen zeugen von ihrem ausgeprägten Interesse an der Architektur und den disparaten Welten dieser Orte.

Die Ausstellung im Völkerkundemuseum Zürich zeigt eine Auswahl von Photographien aus ethnographischen Sammlungen in Zürich, Berlin, Hamburg, Oxford, New York, St. Petersburg, Dresden, Amsterdam, Leiden, Venedig, Kopenhagen, Tervuren, Haarlem, Madrid, Peking und Paris. Die zum Teil grossformatigen Bilder (152x152 und 85x85) entstanden hauptsächlich in jüngster Zeit, einige datieren jedoch bis in die 1970er Jahre zurück und belegen, dass das Interesse der Photographin für ethnographische Sammlungen schon früh angelegt ist.

Candida Höfer erweitert die Sicht auf die Museen und speziell auf die ethnographischen Sammlungen, indem sie sowohl die repräsentativen, der breiten Öffentlichkeit zugänglichen Ausstellungsräume photographiert, aber auch einen Blick hinter die Kulissen wirft, in die Depots, Archive und Werkstätten. Auf diese Weise dokumentiert sie das breite Spektrum an Aktivitäten dieser Orte: das Wissen der Welt zu sammeln, vor dem Verfall und Vergessen zu bewahren, in seinen Bezügen zu erforschen und in seiner Vielfalt dem Publikum vorzustellen.

Ihr besonderes Augenmerk gilt der atmosphärischen Wirkung dieser Räume und der Ordnung der Dinge. In ihren Photographien überlagern sich verschiedene Welten, Zeiten und Gegenstände: Ethnographische Objekte aus fernen Ländern, die Architektur unterschiedlicher Epochen, das jeweilige Mobiliar und Ausstellungsdesign stehen in einem spannungsvollen, mitunter von widersprüchlichem Witz gekennzeichneten Verhältnis zueinander.

Die zeitliche und räumliche Schichtung, die in ihren Bildern auffällt und auch in der Zusammenschau der ausgestellten Photographien erkennbar wird, deutet die Entwicklung ethnographischer Sammlungen an: vom Kuriositätenkabinett zur Kunstkammer, vom Sammelort entdeckter und kolonialisierter Kulturen zum Forschungszentrum, vom Bewahrungsort untergehender oder untergegangener Traditionen zur Begegnungsstätte verschiedener Weltbilder.

Mit ihrem undramatischen Blick auf die vorgefundenen Inszenierungen der Räume enthüllt Candida Höfer das vielfältige Innenleben dieser Institutionen, im gleichen Zuge weist sie auf den Wandel hin, dem die Museen und ihre ethnographischen Sammlungen unterworfen sind.

Candida Höfer wurde 1944 in Eberswalde geboren. Sie studierte an der Kunstakademie Düsseldorf (1973–82), zunächst Film bei Ole John, später Photographie bei Bernd Becher. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Museen ausgestellt, darunter in der Kunsthalle Basel, der Kunsthalle Bern, im Portikus Frankfurt, und in der Hamburger Kunsthalle; sie nahm an diversen Gruppenausstellungen teil, darunter im Museum of Modern Art in New York, The Power Plant in Toronto, dem Kunsthaus Bregenz, dem Museum Ludwig in Köln, der Dokumenta 11 in Kassel und in der Nationalgalerie Berlin; im Jahre 2003 war sie, zusammen mit Martin Kippenberger, Repräsentantin des deutschen Pavillons an der Biennale in Venedig. Candida Höfer lebt und arbeitet in Köln.

 

Buch

Zur Ausstellung erscheint das Buch Candida Höfer. In ethnographischen Sammlungen, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2004 (50 Abbildungen, 144 Seiten).

Drei Textbeiträge von Anne Nippa / Peter Herbstreuth, Susanna Kumschick und Michael Oppitz setzen sich mit dem Werden, den Konzeptualisierungen und dem Wandel ethnographischer Museen auseinander, welche sich in den Photos von Candida Höfer spiegeln.

Das Buch kann im Museum erworben werden.

 

Führungen und Rahmenprogramm

Zur Ausstellung werden regelmässig Führungen stattfinden. Für Juli ist eine Filmreihe geplant, die sich mit dem Thema der eingelagerten Welten in Museen auseinandersetzt. Genaue Informationen finden Sie im Veranstaltungskalender des Museums oder unter www.musethno.unizh.ch/veranstaltungen

 

Für weitere Auskünfte kontaktieren Sie bitte:

Susanna Kumschick, Projektleitung

0041 1 634 90 42/11, susannakumschick@access.unizh.ch

 

 

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