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Völkerkundemuseum

Medienmitteilung und Pressefotos

Zürich, 29. August 2019

 

Westafrikanische Trommelrhythmen mit globaler Reichweite

 

Moderne Popsongs beruhen auf musikalischen Prinzipien westafrikanischer Trommelrhythmen: Zu dieser verblüffenden Erkenntnis führt die neue Ausstellung im Völkerkundemuseum der Universität Zürich. Sie zeigt, wie Trommler aus Ghana und Nigeria Fingerfertigkeit und kulturelles Wissen verbinden, wie sie ihre Instrumente zum Sprechen bringen und sich damit weltweit Gehör verschaffen.

 

«Mit Trommeln sprechen», der Titel der Ausstellung, ist durchaus wörtlich zu verstehen. Denn Trommler in Westafrika imitieren mit ihren Instrumenten Rhythmus und Melodie gesprochener Sprache. Etwa jene der Yorùbá in Südwestnigeria oder jene der Ashanti in Ghana – tonale Sprachen, bei denen die Tonhöhe einer Silbe die Wortbedeutung bestimmt.

 

Austausch mit dem Ensemble, dem Publikum – und der Welt

An politischen und religiösen Anlässen begrüssen die Perkussionisten mit ihren sprechenden Trommeln Ehrengäste und zitieren deren Biografien; Sie geben Gebete oder Sprichwörter wieder; Sie erzählen von vergangenen Ereignissen, nehmen politisch Stellung und vermitteln so zwischen Aktualität und Geschichte. «Dafür benötigen sie neben musikalischen und motorischen Fertigkeiten ein immenses kulturelles und soziales Wissen», sagt Kurator und Ethnologe Alexis Malefakis, «Wissen, das sie ein Leben lang ergänzen und verfeinern.» Entsprechend hoch ist das Ansehen, das die Musiker in der Gesellschaft geniessen.

Im Zusammenspiel mit weiteren Instrumenten wie Glocken und Rasseln verzahnen sich die Rhythmen der Trommeln zu komplexen Polyrhythmen. «Die Trommler orientieren sich nicht wie bei uns an einem fixen Takt, sondern an den anderen Instrumenten», so Malefakis. «Sie sind also ständig miteinander und zugleich mit dem Publikum im Gespräch.»

Einzelstimmen verflechten sich zu fliessendem Rhythmus
In der Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit einem internationalen Team von WissenschaftlerInnen entstanden ist, werden die Trommelsets verschiedener ethnischer Gruppen und musikalischer Genres präsentiert. Ton- und Filmbeispiele vermitteln, wie diese im Zusammenspiel klingen und zu welchen Anlässen sie zum Einsatz kommen. In einem interaktiven Video lässt sich ein mehrstimmiger Gesamtrhythmus in seine einzelnen Rhythmen zerlegen und wieder zusammenfügen.

Die verschiedenen Elemente eines Trommelensembles werden im modernen Schlagzeug vereint, das in der Ausstellung einen prominenten Platz einnimmt. Hier wird der Bogen geschlagen: vom traditionellen Kontext zur zeitgenössischen Popmusik. «Auch während der Kolonialzeit und zur Zeit des transatlantischen Sklavenhandels haben Trommler ihre Stimme erhoben und ihre Musik mit Einflüssen anderer musikalischer Kulturen kombiniert», erläutert Malefakis, der selbst Schlagzeug spielt. «So sind letztlich Stilrichtungen wie Jazz, Soul, Reggae oder Hiphop entstanden. Westafrika war somit prägend für die weltweite Musikgeschichte.»

Weiterentwickeln traditioneller Musikgenres
Umgekehrt übernahmen westafrikanische Musikerinnen und Musiker Einflüsse anderer Regionen und schufen neue künstlerische Ausdrucksformen: ab den 1970er Jahren zum Beispiel Fela Kuti’s «Afrobeat» – ein Genre, das musikalische Neuschöpfungen mit religiösen Traditionen und politischen Visionen verband und international Anerkennung fand.

Doch nicht überall stossen musikalische Innovationen auf offene Ohren. In Nordnigeria etwa empfinden konservative Teile der muslimischen Bevölkerung Popmusik als Angriff auf ihre moralischen Vorstellungen. Einigen Extremisten sind auch traditionelle Musikgenres ein Dorn im Auge: Für die Jihadisten der Terrormiliz Boko Haram in Nordostnigeria ist Musik unvereinbar mit ihrer Auslegung des Islam. Indem sie Musiker einschüchtern und sogar umbringen, versuchen sie, kulturelles Wissen, das zum Teil in vor-islamischen Traditionen wurzelt, auszulöschen.

Ausstellungsinhalte über Schweizer Grenzen hinaustragen
Kurator Alexis Malefakis wurde von einem interdisziplinären Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Ghana, Nigeria, Deutschland und der Schweiz unterstützt. Begleitend zur Ausstellung werden ihre Beiträge dieses Mal nicht in einem Katalog, sondern auf einer Website veröffentlicht, zusammen mit umfangreichem Audio- und Videomaterial. «Auf diese Weise können wir unsere Inhalte weit über die Schweizer Grenzen hinaus sichtbar und hörbar machen, etwa in Ghana und Nigeria», so Malefakis. Denn genau darum geht es in der Ausstellung: Westafrikanische percussion skills im globalen Gespräch.

 

«Mit Trommeln sprechen. Westafrikanische percussion skills im globalen Gespräch»

Ausstellung im Völkerkundemuseum der Universität Zürich

 

30. August 2019 bis 6. September 2020, Eintritt frei

Vernissage: Donnerstag, 29. August 2019, 18 Uhr

www.musethno.uzh.ch

 

Website zur Ausstellung: talkingwithdrums.ch

 

 

Kontakte:

Völkerkundemuseum der Universität Zürich

 

Alexis Malefakis, Kurator
Tel. +41 44 634 90 77
E-Mail: malefakis@vmz.uzh.ch

Media Relations
Universität Zürich
Tel. +41 44 634 44 67
E-Mail: mediarelations@kommunikation.uzh.ch

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Weiterführende Informationen

Lamidi Ayankunle

Meistertrommler Lamidi Ayankunle (Nigeria)

Meistertrommler Lamidi Ayankunle mit Mitgliedern seiner Familie in Erin-Osun, NIgeria. Foto (c) Debra KLaine 2005

Bɔbɔɔbɔ-Trommler in Ghana

Bɔbɔɔbɔ-Trommler in Ghana

Trommler der Nutifafa Bɔbɔɔbɔ Group aus Kpando bei einer performance in Dzolo-Kpuita in der Volta Region Ghanas, December 2018. Foto © Eyram Fiagbedzi 2018

Bata Trommeln

Bàtá-Trommeln der Yorùbá

Sammlung Ulli Siebenborn / drummuseum.com. Foto (c) Völkerkundemuseum der Universität Zürich (Kathrin Leuenberger) 2019.

Dùndún-Trommel

Dùndún-Trommel der Yorùbá

Sammlung Ulli Siebenborn / drummuseum.com. Foto (c) Völkerkundemuseum der Universität Zürich (Kathrin Leuenberger) 2019.

Agba Ogboni

Agba Ogboni

Die Schnitzereien auf der Trommel des Ogboni-Geheimbunds (Nigeria) durften nur von eingeweihten Mitgliedern gesehen werden. Foto (c) Völkerkundemuseum der Universität Zürich (Kathrin Leuenberger) 2019. Inv. Nr. 10012a.