Medienmitteilung
Zürich, 11. Juli 2006
Pressetext kurz
Zu den Schätzen des Völkerkundemuseums der Universität Zürich gehört eine grosse und einzigartige Sammlung zeitgenössischer Malereien im traditionellen Stil. Diese Malerei begann sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den grösseren Städten des Landes aus der christlichen Malerei zu entwickeln, insbesondere in Addis Ababa, wo sich ausländische Gesandtschaften niederliessen. So begannen Kirchenmaler auch für Fremde zu produzieren. Die Nachfrage nach Bildern stieg weiter während der italienischen Besetzung (1936–1941) sowie während des Touristenbooms in den 1960er und frühen 1970er Jahren. Es begannen vermehrt auch Autodidakten zu malen, und die Bilder wurden serienmässig in Künstlerwerkstätten produziert, sodass ein Qualitätsverlust unausweichlich blieb. Viele Bilder aus dem Museumsbestand stammen aber aus einer Zeit, da die Bilder noch kaum kommerzialisiert waren.
In der Ausstellung begegnet der Besucher, die Besucherin christlichen Heiligen sowie den Herrschern und Adligen, die sich in Schlachten und Jagden als Helden auszeichneten. Riten zeigen das traditionelle Kirchenleben bis zum heutigen Tag, und Legenden, allen voran die der berühmten Königin von Saba, geben einen Eindruck vom reichen literarischen Schatz, den die Schriftkultur und die orale Tradition Äthiopiens bis jetzt bewahrt haben. Auch das Leben des Volkes wird dargestellt, das Bestellen der Felder, Marktszenen oder Tätigkeiten der Frauen. Die Maler fabulieren mit Pinsel und Farbe und führen uns mit ihren farbenprächtigen Gemälden in eine idealisierte heroische Welt, die nichts von der Not der Bevölkerung verrät, wie wir sie aus den Medien kennen.
Zur Ausstellung ist eine gleichnamige Publikation im Verlag NZZ Libro erschienen. Sie umfasst 196 Seiten, 84 farbige Abbildungen sowie eine Karte. Sie ist im Museum oder im Buchhandel für Fr. 48.– erhältlich.
Elisabeth Biasio
Autorin von Buch und Ausstellung
Kuratorin der Abteilungen Äthiopien, Nordafrika und Naher Osten
Pressetext lang
Die Sammlung
Zu den Schätzen des Völkerkundemuseums der Universität Zürich gehört eine grosse und einzigartige Sammlung zeitgenössischer Malereien im traditionellen Stil. 28 der grossformatigen Bilder auf Leinwand wurden 1973 aus der Sammlung des Franzosen Charles-Henri Steiner erworben, der 1927–1929 in Addis Ababa lebte. Er erwarb einen Teil seiner Bilder bei einem Künstler namens Wolde Mika’el, den er als einen kultivierten Mann beschrieb, der beim Ras (militärischer Titel) von Schoa im Dienst gestanden haben soll. Im Verlauf der Jahre erwarb das Museum weitere 22 Bilder bei verschiedenen Sammlern oder Kunstgalerien. Die Autorin der Ausstellung, Elisabeth Biasio, kaufte 1986 im Rahmen eines Forschungsprojektes 37 Gemälde bei vier älteren Malern, die eine traditionelle Ausbildung genossen haben und inzwischen alle gestorben sind. Die Ausstellung zeigt eine repräsentative Auswahl der gesamten Sammlung.
Die Entwicklung der zeitgenössischen Malerei im traditionellen Stil
Äthiopien hat eine christliche Maltradition, deren Grundlage vor allem in der engen Verbindung von Kirche und Staat zu suchen ist, die vom 4. Jahrhundert bis zur Absetzung von Kaiser Haile Sellasie I. 1974 dauerte. Adlige und Kleriker waren die wichtigsten Auftraggeber für die den Klöstern angeschlossenen Skriptorien. Sie beschäftigten an ihren Residenzen auch Maler, die Manuskripte schrieben und illustrierten oder die Kirchen mit Bildern schmückten sowie Tafelbilder malten. Nach der Gründung von Addis Ababa 1887 durch den damaligen König von Schoa und späteren Kaiser Menilek II. (reg. 1889–1909) liessen sich Gesandtschaften in der neuen Hauptstadt nieder, und die Kirchenmaler begannen auch für Fremde zu produzieren. Die Nachfrage nach Bildern stieg weiter während der italienischen Besetzung (1936–1941) sowie während des Touristenbooms in den 1960er und frühen 1970er Jahren. Es begannen vermehrt auch Autodidakten zu malen, und die Bilder wurden serienmässig in Künstlerwerkstätten produziert, so dass ein Qualitätsverlust unausweichlich blieb. Während der Zeit des sozialistischen Regimes (1974–1991) kamen kaum mehr Touristen ins Land, und viele Maler verloren ihre Lebensgrundlage. Heute gibt es nur noch wenige Maler mit traditioneller Ausbildung, und die zeitgenössische Malerei im traditionellen Stil ist im Niedergang begriffen. In den Souvenirläden werden häufig kleine stereotype Leinwandbilder mit der Legende der Königin von Saba oder aber Darstellungen einzelner Szenen aus dem traditionellen Alltagsleben auf Pergament angeboten. Allerdings finden sich auch noch ältere, weniger kommerzialisierte Bilder im Sortiment.
Die Ausstellung
Der Besucher, die Besucherin begegnet christlichen Heiligen sowie den Herrschern und Adligen, die sich in Schlachten und Jagden als Helden auszeichneten. Riten zeigen das traditionelle Kirchenleben bis zum heutigen Tag, und Legenden, allen voran die der berühmten Königin von Saba, geben einen Eindruck vom reichen literarischen Schatz, den die Schriftkultur und die orale Tradition Äthiopiens bis jetzt bewahrt haben. Auch das Leben des Volkes wird dargestellt, das Bestellen der Felder, Marktszenen oder Tätigkeiten der Frauen. Die Maler fabulieren mit Pinsel und Farbe und führen uns mit ihren farbenprächtigen Gemälden in eine idealisierte heroische Welt, die nichts von der Not der Bevölkerung verrät, wie wir sie aus den Medien kennen.
Die Publikation
Die gleichnamige Publikation im Verlag NZZ Libro hat für die Ausstellung Modellcharakter. Sie umfasst 196 Seiten, 84 farbige Abbildungen sowie eine Karte. Sie ist im Museum oder im Buchhandel für Fr. 48.– erhältlich.
Elisabeth Biasio
Autorin von Buch und Ausstellung
Kuratorin der Abteilungen Äthiopien, Nordafrika und Naher Osten
Ausstellungsimpressum
Konzept: Elisabeth Biasio
Texte: Elisabeth Biasio
Gestaltung: Martin Kämpf, Andreas Brodbeck, Peter R. Gerber
Aufbau: Martin Kämpf, Andreas Brodbeck, Dominik Steinmann, Urs Wohlgemuth
Audioguide-SprecherIn: Yangzom Brauen, Daniel Buser
Audioguide-Technik: Studio Jingle Jungle, Alban von Stockhausen
Weitere Mitarbeit: Grazia Cantele, Mamoudou Conde, Kyimo Ghung, Andreas Isler, Valda Mehri, Silvia Nietlispach, Ercan Octay Richter, Lisa Rössler, Gertrude Sigg, Alban von Stockhausen